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Da es sich hierbei um ein Saisonprodukt handelt, kann die jederzeitige Verfügbarkeit nicht garantiert werden.
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Der Bamberger Wirsing – „Wersching“ in der Küche

In der traditionellen fränkischen Küche der Bamberger Region erscheint der Wirsing an prominenter Stelle als der klassische Begleiter zur gebratenen Gans und Ente und zum Kalbsbraten. Auch zum Schweinebraten oder dem „Schäuferla“, dem typisch Fränkischen Sonntagsessen wird er gern gegessen.

Unsere Rezeptempfehlung: Bamberger Spitzwirsing-Torte

Unter den Wirsingsorten gebührt zweifellos dem Bamberger Wirsing die Krone. Zart und mild, mit einem Wirsinggeschmack feinster Prägung, der die Nähe zum Kohl vergessen lässt, so wird er gelobt. Während zum Beispiel die Nürnberger ihren harten und derben Wirsing nur in Eintöpfe steckten, haben die Bamberger den ihren schon immer „zart gekocht und gequirlt“, erinnert sich der Seniorchef des Forchheimer Saatzuchtbetriebs Hoffmann, ein ausgewiesener Kenner der fränkischen Gemüselandschaft.

Das Für und Wider des Pürees

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Mit „zart gekocht“ dürfte das kurze Dünsten gemeint sein – drei bis fünf Minuten genügen beim Bamberger Spitzwirsing – , unter “Quirlen“ ist wohl das Zerkleinern zu einer musigen Masse zu verstehen. Eine Prozedur also, die dem Pürieren entspricht, allerdings keinen homogenen Brei ergibt, sondern ihm eine fühlbare Struktur belässt. Sogar die dunkelgrünen bis hellgelben Farben der Wirsingblätter sind in diesem Püree nebeneinander noch zu erkennen. Die moderne fränkische Hausfrau dreht den Wirsing kurzerhand durch die grobe Scheibe des Fleischwolfs und erreichte den gleichen Effekt. Vollendet wird das Püree mit ein wenig Buttermehlschwitze, in die ein Zwiebelchen hineingedünstet ist. So zubereitet ist der Bamberger Wirsing ein „wahres Gedicht“.

Verlässt man allerdings den Pfad der Küchentugend, mixt den Wirsing und füllt ihn mit einer Übermenge Mehlschwitze auf, versteht niemand mehr, warum er eine Spezialität sein soll. Den Gipfel der Lieblosigkeit erstürmen dann die Halbfertigprodukte, die dem gestaltlosen Wirsingbrei zur Färbung und Geschmacksanreicherung Spinat beimischen. Solche Machenschaften bringen das traditionsreiche Wirsingpüree zu Unrecht in Verruf. Es hat seinen Platz auch in der neuen Küche, in der gerne püriert wird, wenn man den Geschmack ohne würzende Zutaten intensivieren will.

Wirsingstreifen, die wahren Küchenzauberer

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Mit dem Püree sind die Gestaltungsmöglichkeiten des Wirsings noch lange nicht erschöpft. Gedünstete Wirsingstreifen, mit etwas Sahne verfeinert und für alle, die sich näher an der Tradition halten möchten, mit Buttermehlkloß leicht gebunden, ersetzen das klassische Püree voll und ganz. Sie begleiten feine Bratenstücke, Bratwürste und Süßwasserfische vorzüglich. Der Bamberger Spitzwirsing darf bei dieser Zubereitung nur halb so lange gedünstet werden wie der Rundkopf, sonst zerfällt er zu dem Püree, das man eigentlich nicht haben wollte. Wer auf eine schöne Farbe Wert legt, blanchiert den Wirsing ganz kurz, bevor er ihn gart.
Eintöpfe, Aufläufe und Gemüsesuppen bereichert der Wirsing mehr als das gewöhnlich dafür verwendete Weißkraut. Auch als Hauptzutat für solche Zubereitungen eignet er sich gut und harmoniert vorzüglich mit. Kartoffeln, Weißbrot, Eiern und Käse. Als zarte Hülle feiner Füllungen aus Fleisch, Fisch oder Gemüse übertrifft er das Weißkraut bei weitem. Umgekehrt kann Wirsing selbst als Füllung zubereitet werden, zum Beispiel zusammen mit Frischkäse in Nudeltaschen. Der zarte Bamberger Wirsing macht selbst roh in Mischsalaten eine gute Figur.

Verlässliche Hilfe bei Kochexperimenten

Experimente in Richtung einer neuen Gemüseküche belohnt der Bamberger Wirsing auf seine feine Art mit schönen Erfolgen. Anregungen dazu finden sich in den herrlichen Wirsinggerichten der piemontesischen Alpentäler wie zum Beispiel der Zuppa di Valpelline aus einer guten Brühe, Wirsing, Weißbrot und Fontina-Käse oder dem mit Käse überbackenen Nudelgericht aus Buchweizennudeln (Pizzoccheri), Wirsing und Kartoffeln.

Für neue Wirsinggerichte auswerten lassen sich aber auch die fränkischen Traditionsrezepte für Zubereitungen aus Eiern, Brötchen und Milch wie die „Weck-Zammete“ der Schweinfurter Gegend oder die am Obermain und im Frankenwald bekannte „Eiersoß“. Sie bieten das Grundgerüst für einen vorzüglichen Wirsingauflauf. Das schöne geschmackliche Zusammenspiel von Wirsing und Bratwurst eröffnet ebenfalls bisher unbekannte Möglichkeiten. Gut vorstellbar sind zum Beispiel Wirsingrouladen mit einer Füllung aus Bratwurstbrät oder einfach Wirsingstreifen in Sahne als Gemüsebeilage zur Bratwurst anstelle des Sauerkrauts. Noch gar nicht erprobt ist das Zusammenspiel des Bamberger Wirsings mit den andern alten Bamberger Sorten, der Kartoffelsorte Bamberger Hörnla, der Bamberger Birnförmigen Zwiebel und dem Bamberger Knoblauch. Ob sich auch jemand an die Mitwirkung des Bamberger weißen Sommerrettichs wagen wird?

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Autor: Georg Willibald Lang
Auszug aus: „Sortenbeschreibung der Gemüsesorten der Bamberger Gärtnerstadt“, ausgearbeitet im Auftrag des „Zentrums Welterbe Bamberg“ (ZWB) im Rahmen des Projekts „Urbaner Gartenbau Bamberg“, Bamberg 2013